Page 12 - Marion Eichmann - Cash
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ME: Mich interessiert alles, was ich sehen und anfassen kann. Natürlich sind
          Knöpfe zum Drücken mehr meins als Touchscreens. Da geht vermutlich gerade
          etwas verloren. Aber, auch wenn es kaum einer merkt, noch gibt es gelegent-
          lich öffentliche Telefone.

          EDK: Fotoautomaten sind nun wirklich irgendwie aus der Zeit gefallen – wenn
          auch Passfotos nach wie vor gebraucht werden. Früher hat man sich mit Freun-
          den in der engen kleinen Kabine zusammengepfercht und sich ablichten las-
          sen. Oder man war besonders fortschrittlich und hatte Kamera mit Stativ und
          Selbstauslöser, um Aufnahmen von sich selbst zu machen. Dank Smartphones
          gibt es seit wenigen Jahren eine regelrechte Flut an Selbstportraits. „Selfie“
          wurde vom Oxford English Dictionary sogar zum „Wort des Jahres 2013“ er-
          klärt (Quelle Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Selfie). Wann warst Du
          das letzte Mal in einem Fotoautomaten?

          ME: Gerade erst. Ich habe mich damit intensiv beschäftigt, da ich ja einen Fo-
          toautomaten nachgebaut habe. Ich sehe das nicht ganz so altmodisch, denn
          gerade in Berlin ist dieser Automat wieder sehr hip geworden. An jeder Ecke
          steht einer und fast immer wird er gerade vom Straßenpublikum genutzt. Von
          den „Freunden, zusammengepfercht in der engen Kabine“, vielleicht auch ge-
          rade deshalb, weil man sofort die Ausdrucke bekommt, aber nicht für Passfo-
          tos, sondern als Souvenir, als „Momentaufnahme eines schönen Abends“ zum
          Beispiel. Und weil auch ein Foto auf Papier ein Objekt ist, etwas zum Anfassen
          ist. Das mag wohl nicht nur ich.

          EDK: In der Ausstellung sind neben Deinem „Photoautomat“ drei Portraits
          jeweils in den Primärfarben gelb, rot und blau zu sehen. Diese sind Selbstpor-
          traits. Interessanterweise musstest Du für diese Portraits auf Fotos zurückgrei-
          fen – obwohl Du ja immer wieder betonst, dass Du keine Fotos als Vorlagen für
          Deine Werke verwendest, sondern bislang immer mit Skizzen arbeitest, die Du
          meistens vor Ort machst, um sie dann später im Atelier als Vorlage für Deine Wer-
          ke zu verwenden. Wie ging es Dir dabei, mit Fotos zu arbeiten, und wie sind die
          Fotos entstanden? (In einem Fotoautomaten, mit Kamera und Selbstauslöser …?)

          ME: Das wollte ich an der Stelle mal ausprobieren. Mich interessiert ja immer
          mehr die Übersetzung in Fläche. Und an der Stelle wollte ich mit Köpfen ar-
          beiten, ohne mich zu lange damit aufzuhalten, wer das jetzt ist, wie ich die
          zeichnen soll etc. Ich habe dann erstmal auch Köpfe aus einem Buch mit Fotos
          von vielen berühmten Köpfen genommen, z.B die Schwester der Queen. Das
          ist mir in dem Moment aber gar nicht wichtig gewesen. Das ist für mich nur
          visuelles Material für meine Bilder.
          Für die drei Selbstportraits habe ich meinen Freund gebeten, mich in der Be-


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