Page 11 - Marion Eichmann - Cash
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„Jedes kleinste Detail“   traktion führen in der Umsetzung von Raum in die Fläche. Bei den Automaten
 – ein Gespräch mit Marion Eichmann  dagegen, baue ich z.B. die Schlitze für den Münzeneinwurf mit dem Material
          Papier fast eins zu eins nach. Insofern ist es eigentlich etwas ganz anderes,
          obwohl ich weiterhin das gleiche Material benutze.
 Erika Davis-Klemm
          EDK: Mit Bargeld an einem Automaten zu bezahlen, hat heutzutage fast etwas
          Rebellisches. Man kann etwas kaufen, ohne dass persönliche Daten gesam-
          melt werden, wie es bei Online-Käufen oder Kartenzahlungen der Fall ist. Seit
          einigen Jahren wird ja darüber diskutiert, Bargeld abzuschaffen.

          ME: Ich lebe da noch ein bisschen in einer Parallelwelt, da ich sofort Migräne
          bekomme, wenn ich auf Bildschirme schaue. So lasse ich z.B. auch möglichst
          meine Bankangelegenheiten noch von einem Angestellten dort machen, damit
          ich nicht drauf schauen muss. Leider ist das so, sonst, wer weiß, würde ich
          mich damit viel mehr beschäftigen. Das hätte dann wohl auch Auswirkungen
          auf meine Arbeit. Lange komme ich wohl nicht mehr drum herum.

          EDK: Gleichzeitig gibt es aber auch die Überwachungskameras, wie die, die in
          der Nähe eines Geldautomaten platziert sind. Diese sind auch in Deiner Aus-
          stellung zu sehen.

          ME: Ja, die Überwachungskameras gehören mittlerweile zum Alltag. Egal wo
          man sich befindet, sie sind überall. Da ich mein Umfeld in meiner Arbeit so
          aufnehme, wie es ist, sind die Kameras da; sie sind genauso Objekte wie ein
          Alarmknopf oder diese Schilder, die anzeigen, wo ein Wasserschieber oder ein
          Gashahn liegt.

          EDK: Du bist ja eine Beobachterin Deiner Umwelt – das zeichnet Deine Arbeiten
          aus. Selbst Graffiti oder Aufkleber an den Automaten führst Du in Papier aus.
          Erfindest Du die Tags und Kritzeleien?

          ME: Nein, ich erfinde weder die Graffitis noch die Aufkleber in meinen Arbei-
          ten. Sie sind ein Teil dessen, sie spiegeln auch die Zeit. Eher reduziere ich mich
          in meinen Arbeiten und spare mal einen Aufkleber aus. Oft sehe ich sie wie
          eine „Inszenierung“, sie fügen sich in ihr Umfeld ein, gemacht durch die Leute,
          so passend und treffend, wie z.B. in der Arbeit Billy Boy „Fuck off Google“.

          EDK: Automaten gibt es nach wie vor viele – man denke an Getränkeautomaten
          z.B. an Flughäfen und Bahnhöfen oder an die Stempelautomaten auf Bahn-
          steigen – gleichzeitig sind sie irgendwie auch altmodisch. Heutzutage braucht
          man nicht unbedingt eine Bahnkarte zu ziehen, sondern trägt das Ticket als
          PDF-Datei auf dem Smartphone mit sich.


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