Page 15 - Günter Beier: Terra cognita
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ein Wind über den Fluss? Auch die „Rennbahn“ (2016) ohne Autos macht
            stutzig. Surreal wirken solche Bilder, weltzu- und abgewandt zugleich. Ist
            die „Terra cognita“ etwa nicht so vertraut wie es zunächst den Anschein
            haben mag?



            Beier produziert hyperrealistische Pop Art.

            Die Szenen wirken eingefroren, wie Stills. Benetzt vom Ferienflair der 1950er
            und 1960er Jahre, von Heimatempfinden, Fremdenfurcht wie -faszination.
            Kunst, passgenau für die Gegenwart. In Pandemiezeiten fliegen die Men-
            schen auf das Vertraute. Bloß kein Risiko. Mit sympathisierender Ironie hält
            Beier drauf, aber er verspottet seine Protagonisten nicht, als deren Platzhal-
            ter das Personal der Spielzeugwelt aufgefasst werden darf, gibt sie nicht der
            Lächerlichkeit preis.



            Der Maler nutzt Close-Up-Techniken.

            Er nimmt die Dinge passioniert unter die Lupe, blendet den Umraum aus
            und konzentriert sich kompositorisch auf Objekte und Szenen, die für sich
            genommen belanglos sein können, jedoch durch Heranzoomen und Vergrö-
            ßerung ein Eigenleben entwickeln.



            Inszenierte Nichtinszenierung ist, was Beier perfektioniert.

            Das Samentütchen vom Raiffeisenmarkt liegt eben doch nicht ganz so im
            Einkaufskorb wie er es malt. Beier wählt Ausschnitte, gibt seine Motive nicht
            1:1 wieder. Gerne beschneidet er die Tütchen wie im Bild „Tomate“ (2020),
            sodass anstelle des Wortes Tomate „iomate“ zu lesen ist: Auch eine Prise
            Schabernack kann sich in das fotorealistische Bild einschleichen.













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